Gefunden und gekauft
- Sindy Rechta
- 9. März 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. März 2021
„Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.“ (Lucius Annaeus Seneca)
Warum ein Van ausbauen?
Schon vor ein paar Jahren hatten wir die Überlegung uns einen Camper für diverse Urlaubsreisen zuzulegen. Der Gedanke war einen Standardcamper zu erwerben und in der Zeit wo er nicht genutzt werden würde zu vermieten. Die damit verbundenen Versicherungskosten zuzüglich den Anschaffungskosten ließen unser Projekt aber vorerst wieder in den Hintergrund rücken.
Ein paar Jahre später kam der Traum vom Camper-Leben erneut auf.

Da wir in Unterkünften uns schon länger komplett selbst versorgten und nicht unbedingt auf Luxusapartments aus waren, wurde der Gedanke immer lukrativer. Bei einem Seminar, welches wir besuchten, kam eine Familie mit einem Camper angereist. Sie durften auf dem zum Objekt dazugehörigen Parkplatz stehen und übernachten. Es erschien uns so komfortabel einfach neben dem Seminargebäude zu hausieren und einfach sehr flexibel und ungebunden zu sein. Keine Stunden vor dem PC zu sitzen und passende freie Übernachtungsmöglichkeiten zu suchen. Da wir perspektivisch auf weitere Seminare gehen wollten, visualisierten wir uns ein Reiseleben mit dem Camper erneut. Im Urlaub unabhängiger und freier agieren zu können. Nicht auf Ankunfts- oder Abreisezeiten achten zu müssen. Wenn uns etwas nicht gefällt, einfach die Sachen zu packen und weiterzuziehen, viel mobiler zu sein. Unser letzter großer Urlaub ohne Camper am Gardasee lehrte uns ebenfalls die Camper-Vorzüge. Zu viel will man sehen, zu lange verbringt man die Zeit dafür im Auto. Wir stellten uns immer wieder vor, Stück für Stück den Gardasee mit Camper zu umfahren und gemütlich Zeit für Besichtigungen und dabei auf langwierige Rückfahrten zur Unterkunft verzichten zu können. Schritt für Schritt setzten wir uns damit auseinander und empfanden die Vorstellung immer lukrativer und passender für unsere Zwecke. Zudem kam unser Traum vom Hundenachwuchs. Ein Hund stellt zunehmend diverse Einschränkungen bei der Unterkunft-Suche dar. Noch ein positiver Aspekt der für uns ausschlaggebend war, das Projekt wieder aufzunehmen.
Mit der Zeit veränderten wir unser Leben hinsichtlich Minimalismus, Ernährung, Lebensqualität und Gesundheit. Schnell merkten wir das es ein unheimlich befreiendes Gefühl ist sich von materiellen Dingen zu lösen. Ich selbst stand der Sache anfangs sehr skeptisch gegenüber und konnte nur schwer einen Draht zum Minimalismus finden. Wir schauten viele Videos über Camper-ausbauten und Van-Live. Die Dokumentationen zogen uns immer mehr in ihren Bann. Zuerst konnte ich nur schwer nachvollziehen, warum all diese Menschen nach ihrem Ausstieg so glücklich erschienen. So unterschiedlich die einzelnen Persönlichkeiten waren, hatten sie doch oftmals etwas gemeinsam. Immer wieder ähnelten sich die Gründe ihres Ausstieges. Natürlich war uns klar das nicht alles rosarot zu betrachten. Jedoch stand für uns fest, dass unser derzeitiges Leben einen neuen Schwung benötigt. Wir waren bereit diesen Schritt zu gehen.
Nachdem die ersten kleinen Anfänge getan waren, spürte ich diese Freiheit nach. Ein Gefühl was ich vorher mir nicht vorstellen konnte. Sich von Dingen zu lösen die emotionalen Ballast mit sich ziehen, ist sehr befreiend. Stück für Stück entledigten wir uns immer mehr diversen unnötigen Equipment aus unserer Wohnung. Vor uns lag und liegt noch immer ein großes Stück Arbeit. Jedoch sind wir zum jetzigen Zeitpunkt voller Motivation und Tatendrang und lassen uns von unserem positiven Gefühl leiten.
Nach unzähligen Videos hinsichtlich zahlreicher Möglichkeiten einen Van auszubauen, wurden unsere Pläne immer konkreter. Skizzen, Listen, Tabellen später wollten wir unbedingt das Gefühl des Van´s spüren.
Gesagt getan, wurde im Juli 2020 ein Van ausgeliehen und wir starteten einen Kurztrip in unserer näheren Umgebung. Wir wollten einfach die Raumgröße, Freiheit, ggf. Einschränkungen, Einrichtungsmöglichkeiten usw. fühlen und abwägen was für uns infrage kommt oder was nicht. Es war ein wunderschönes Wochenende, trotz das wir mit dem Camper nicht wirklich zufrieden waren. Viele unklare Fragen konnten wir doch somit klären. Schnell stand fest was wir möchten und was nicht.
Zurück zu Hause konnten die Planungen weitergehen.
Unsere Auswahlkriterien hinsichtlich eines Fahrzeuges wurden nun auch konkreter und schränkten die Suche leider stark ein. Sehr viele Stunden der Onlinesuche, zahlreiche km der Besichtigungsfahrten und schlaflose Minuten, in denen wir wild diskutierten vergingen, ehe wir letztlich endlich unseren Dumbo fanden. Trotz familiärer und freundschaftlicher Kritik und Skepsis hielten wir an unserem Traumwagen fest. Und nun nach fast 1 Jahr der Suche und Recherche starten wir den Ausbau unseres Dumbo´s und neuen Lebens.
Warum haben wir nicht einfach einen fertigen Camper gekauft? Etwas mit seinen eigenen Händen zu schaffen ist eine unbezahlbare Erfahrung. Seine eigenen Wünsche und Vorstellungen so umzusetzen das es für einen passt, ist für uns wahrer Luxus. Ein gemeinsames Projekt zu meistern schweißt zusammen und stärkt die Beziehung. Wir möchten unserer Kreativität freien lauf lassen und uns auf wenig Kompromisse einlassen. Ich möchte irgendwann im Van sitzen und meine Erinnerungen zurückrufen, welche ich mit dem einen oder anderen Kratzer, Schramme oder schief eingebauten Schieber verbinde. Ich möchte in ein paar Jahren über die ein oder andere Ausbaustreitigkeit im Nachgang schmunzeln können. Ich möchte meine Hände betrachten und mich an den Schwielen und Narben erfreuen, die ich bekam als ich Stunden mit dem harten Ausbau unseres Heimes verbrachte. Ich möchte etwas mit meinen eigenen Händen erarbeiten und den Weg zum Ziel mit zahlreichen Erinnerungen pflastern. Dazu kommt natürlich auch der nicht zu unterschätzende Kostenfaktor. Um nach unseren Vorstellungen darin leben zu können, erfordert das ab Werk eine stolze Summe. Verschiedene Dinge selbst umzusetzen, erspart einen zumindest die Arbeitszeitkosten in Geldwert. Andere bauen ihr Haus auf einem Grundstück, wir möchten unser Haus auf Rädern erbauen.
Via vitae
- Sindy
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